Tesla storniert Großauftrag von NextMove, E-Auto-Vermieter nennt „Servicehölle“ als Grund

Der deutsche Elektroauto-Vermieter NextMove nimmt deutlich weniger Tesla Model 3 in seine Flotte auf als geplant. Ende 2018 hatte das Unternehmen 100 der Stromer bestellt, von den ersten im Frühjahr 2019 ausgelieferten 15 Fahrzeugen sei aber nur jeder vierte Neuwagen ohne Mängel, einzelne Exemplare teilweise sogar nicht verkehrstüchtig gewesen.

„Tesla ist offenbar in der Servicehölle angekommen“, so NextMove-Chef Stefan Moeller. Eine zunächst mit der deutschen Niederlassung getroffene Einigung habe das US-Unternehmen zurückgenommen. Anschließend habe Tesla NextMove ein 24-Stunden-Ultimatum gesetzt, nach dessen Ablauf die Bestellung von 85 weiteren Fahrzeugen im Wert von rund fünf Millionen Euro storniert wurde.

In den Sommermonaten habe NextMove versucht, vier weitere Tesla Model 3 regulär über das Internet zu erwerben. „Das Resultat war, dass uns Tesla nachweislich Fahrzeuge als neu anbot, die bereits einmal auf eine Privatperson zugelassen waren“, berichtet Moeller. Der Kauf dieser Fahrzeuge hätte zur Folge gehabt, dass NextMove weder eine „Umweltbonus“-Förderung in Anspruch hätte nehmen noch die Umsatzsteuer als Vorsteuer beim Finanzamt geltend machen können. „Für Leasing-Gesellschaften ist es auch aufgrund der sprunghaften Preispolitik von Tesla ohnehin bereits ein hohes Risiko, Tesla-Fahrzeuge zu finanzieren“, sagt der E-Auto-Vermieter.

In den vergangenen Monaten habe man die eigenen Kunden immer wieder darüber informiert, dass es Schwierigkeiten mit den Auslieferungen durch Tesla gibt. „Wiederholt haben wir die Kündigung der Langzeit-Mietverträge angeboten oder den Kunden zum rabattierten Preis andere Fahrzeuge vermietet“, so Moeller. Nun sei es an der Zeit, öffentlich darüber zu sprechen, was im Hintergrund zwischen Tesla und NextMove passiert ist.

„Teils gravierende Mängel“

Model 3, die NextMove nach Bezahlung und lediglich kurzer Begutachtung hätte übernehmen sollen, wiesen laut dem Unternehmen „teils gravierende Mängel“ auf: Defekte Reifen, Lack- und Karosserieschäden, defekte Laderegler, falsche Kabelbäume oder fehlende Notruftasten. Solche Qualitätsmängel hätten die Sicherheit der Kunden und die Wirtschaftlichkeit von NextMove gefährdet, unterstreicht der Vermieter.

Das alles zeige, dass Tesla „in einer Servicehölle“ steckt. „Man ist nicht gewillt oder nicht in der Lage, einem großen Flottenbetreiber wie uns Fahrzeuge ohne gravierende Mängel zu übergeben“, sagt Moeller. „Wir wissen nicht, ob wir ein Einzelfall sind oder generell so mit Geschäftspartnern umgesprungen wird. Wir bedauern das sehr. Aber: Letztlich haben wir nur auf der Einhaltung marktüblicher Qualitätsstandards und Prozesse gedrängt, um unsere Mieter und unser Geschäftsmodell zu schützen.“

Bereits in der Vergangenheit habe es Schwierigkeiten mit Reparaturen von Tesla-Fahrzeugen gegeben. So warte NextMove seit über zwei Jahren auf den versprochenen neuen Sitz eines Model X, der damals mit einem Loch ausgeliefert worden sei. Seit drei Monaten könne ein Model 3 mit Unfallschaden nicht vermietet werden, weil ein neuer Kotflügel nicht lieferbar ist. Es gebe auch Tesla-Kunden, deren Fahrzeug ohne deren Verschulden nicht mehr fahrtauglich ist, die aber weder telefonisch noch via E-Mail beim Kundenservice jemanden erreichen.

„Wir wissen, dass Tesla größte Herausforderungen bewältigen musste, weil zeitgleich in Europa und China mit den Auslieferungen begonnen wurde. Aber mittlerweile müssten sich doch Prozesse etabliert haben, die es möglich machen, nicht nur jedes vierte Fahrzeug ohne Mängel zu übergeben“, betont Moeller. „Obwohl wir das Model 3 für das derzeit beste Elektroauto der Welt halten, setzen wir nun stark darauf, dass kommendes Jahr andere Hersteller mit konkurrenzfähigen Fahrzeugen auf den Markt kommen – und zudem wissen, was Kundenservice bedeutet. Aber natürlich werden wir auch immer wieder testen, ob sich Tesla aus der Servicehölle befreien kann.“

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