KfZ-Sachverständiger Ove Kröger gibt Tesla-Kaufberatung

Ove Kröger ist KfZ-Sachverständiger und betreibt in Reinfeld (Schleswig-Holstein) einen Handel für US-Fahrzeuge. Als selbst erklärter Petrolhead und ehemaliger Drag Racer ist er vor gut zwei Jahren erstmals in einen Tesla eingestiegen. Eine Liebe ist entbrannt, die ihn zum vehementen Kämpfer für die E-Mobilität macht. Auf seinem YouTube-Kanal T&T Tesla setzt er sich mit den Spaltmaßen von Tesla-Fahrzeugen auseinander, gibt aber auch fachlich fundierte technische Tipps. Daraus ist für ihn eine Einnahmequelle entstanden.

Tesla-Kaufberatung-2019
Ove Kröger

Ove gibt Interessierten Tesla-Kaufberatungen und hilft anderen, ihren Gebrauchten zu veräußern. Dank seiner Zusammenarbeit mit dem zertifizierten Tesla-Body Shop Jürs aus Lübeck konnte er Schulungen bei Tesla besuchen, die ihm tiefe Einblicke in die Technik und Know-How zur Beratung seiner Kunden verschaffen haben. Timo Schadt vom T-magazin sprach mit ihm darüber.

In letzter Zeit wollen eigentlich alle was von dir. Du wirst immer erfolgreicher auf YouTube, stehst scheinbar am Anfang einer TV-Karriere und deine Tesla-Kaufberatung boomt. Was sind denn deine Zukunftsabsichten?

Ich konnte mir das alles gar nicht vorstellen, was ich im letzten Jahr erlebt habe.
Ich werde in jedem Fall dran bleiben an der Elektromobilität, werde zukünftig wohl mal wieder mehr schrauben, um das Auto näher kennenzulernen und es auch den Zuschauern näherzubringen. Ich werde aber versuchen, so lange es geht, meine Unabhängigkeit zu behalten.

Großer Freund älterer Tesla

Gibt es den gebrauchten Tesla, bei dem ich nichts falsch machen kann?

Nö. Generell würde ich auf den Pflegzustand achten. Ich würde nicht auf die Laufleistung achten und nicht auf den Typ. Auch die Farbe und die Ausstattung suche ich mir ja vorher aus. Dann muss ich nur nach dem Zustand gehen.
Ich bin ein großer Freund von den älteren Tesla von 2013, 2014 und 2015. Da gibt es das obligatorische Klappern beim Stoßdämpfer nicht, was die anderen ab Facelift mit Luftfahrwerk haben. Und dann habe ich auch noch das Gefühl, dass die Älteren besser zusammengebaut wurden.

Und die Stoßdämpferproblematik wurde bisher nicht gelöst?

Nein, aktuell gibt es keine Lösung.

Was ist, wenn der Tesla aus der Garantie ist und so ein Problem vorher nicht aufgefallen ist?

Bei solchen Fällen, was alle betrifft, denke ich, auch weil es ein bekanntes Problem ist, dass Tesla kulant sein wird. Und die Dinger wechselt, bis die das mal in den Griff bekommen haben.

Da lieferst du doch gerade ein Stichwort und Gegenbeispiel: Obwohl es ein bekanntes Problem ist, habe ich meine defekten Griffe voll bezahlen müssen, weil mein Tesla aus der Garantie war. Ist das Problem mit den Türgriffen beim Model S denn bei jüngeren Fahrzeugen gelöst?

Es gibt inzwischen die dritte Generation der Griffe und die ist, seitdem es sie gibt, problemfrei.

Bei älteren Model S sind die Türgriffe aber eine Zeitbombe, das tritt also irgendwann auf?

Ja. Ich selber habe es bei meinen Fahrzeugen noch nicht gehabt, aber wenn ich es habe, werde ich es selber angehen. Man kann es ja auf YouTube sehen, wie das Problem über den Mikroschalter gelöst wird. Es gibt also Lösungen, um das Problem günstig aus der Welt zu schaffen. Man muss nur einmal die Türverkleidung abnehmen, den Türgriff ausbauen, den Türgriff auf den Tisch legen, den Mikroschalter austauschen und den Türgriff wieder einbauen. Fertig. Kosten: 50 Euro.

Gibt es gebrauchte Tesla, die man keinesfalls nehmen sollte?

Auch nein. Taxen würde ich vermeiden, weil die oft runtergewirtschaftet und abgenudelt sind. Ansonsten würde ich mir auf gar keinen Fall einen S 60 vor Facelift kaufen. Das Auto ist nicht upgradebar und hat einfach zu wenig Reichweite.

In den Akku tief reingehen

Worauf achte ich beim Gebrauchtwagenkauf, wenn ich deine Kaufberatung nicht in Anspruch nehmen will? Es gibt sicher Dinge, auf die ich selber kommen kann.

Ich kann durch meine Software in den Akku ganz tief reingehen und das Heizsystem durchmessen. Ich kann anhand der Akkuwerte sehen, wie der Vorbesitzer mit dem Auto umgegangen ist. Und ich weiß genau, wo man gucken muss: an den Achsaufhängungen und anderen neuralgischen Stellen. Ich kann somit Probleme zügig feststellen. Wichtig ist, dass er keine verschwiegenen Unfallschäden hat und Reparaturen dokumentiert sind. Ich bekomme schon recht bald mit, wenn etwas nicht stimmt.

Du bist ja nicht nur Autodidakt?

Ich war auf Schulung unter anderem in Tillburg. Bin nun zertifizierter Tesla-Mechaniker, mit Urkunde und allem. Dadurch kann ich mir schon vorstellen, dass ich mehr Kompetenz habe als manch anderer.

Neben dir ist ja sicherlich noch Platz. Wenn viele Gebrauchte am Markt sind, kommt irgendwann die Frage: Packst du das überhaupt noch alles? Du kannst dich irgendwann sicherlich nicht mehr um jeden kümmern.

Hier rufen jeden Tag Leute an, die mich einfach mal kennenlernen wollen. Oder, heute rief mich einer an: ‚Meine Handbremse ist hinten fest. Was soll ich machen?‘ Das geht natürlich nicht. Es ist halt so, wie es ist: Ich muss sehen, dass ich Ertrag mache. Meine Videos, sind ja nun ertragsfrei und über diese gebe ich ja schon unheimlich viele Informationen raus, die jeder kostenfrei nutzen kann. Wenn es dann aber ins Detail geht, jemand einen Tesla kaufen will und sich sicher sein will, dass er gut ist, dann muss er mich eben buchen. Und wenn er das nicht macht, kann er Glück haben oder auch richtig Pech.

Erzähl doch mal, wie das genau vonstattengeht. Dich spricht jemand an, hat vielleicht auch schon ein Fahrzeug im Auge. Und dann?

Dann lasse ich mir die Fahrgestellnummer geben und kann damit die Historie vom Auto prüfen. Dann scheiden sich schon die Geister. Es ist dann so, dass ein Viertel rausfällt, wegen irgendwelcher Schäden. Wenn ich vorab sehe, dass das Fahrzeug nicht passt, dann sage ich dem Kunden bereits: ‚Lass die Finger davon weg.‘

Das heißt, es ist eigentlich in jedem Fall sinnvoll, dich unabhängig vom Fahrzeug-Alter und Zustand hinzuzuziehen?

Ja. Ich kann die Lackdichte messen, feststellen, ob da was beseitigt wurde, den Akku auslesen und schaue mir den Gesamtzustand an, auch von unten. Ich habe schon einige vor Fehlkäufen bewahren können. Meist muss man da aber gar nicht erst für hinfahren, das merkt man früher. Ich kann dann aber stets Alternativen empfehlen, weil ich den Markt intensiv beobachte.

Was braucht man an einem Tesla eigentlich überhaupt nicht?

Das erste Kreuz, was ich nicht machen würde, ist das beim Ultra-High-Fidelity-Sound. Mittlerweile ist das allerdings serienmäßig. Auch auf das Winterpaket könnte ich gut verzichten.

Das Kaltwetter-Paket ist im tiefen Bayern nicht völlig abwegig.

Wenn du ab 2015 kaufst, hast du als Fahrer das heizbare Lenkrad im Kaltwetter-Paket. Die Sitzheizung ist schon immer dabei. Durch die App steigst du aber eh in ein warmes Auto ein. Ich habe zwar aktuell eine Lenkradheizung, aber die brauchst du eigentlich nicht.

Ich bin kein riesiger Autopilot-Fan

Gibt es noch etwas, wo man das Kreuzchen nicht unbedingt machen muss?

Ja, beim Autopiloten (lacht). Ich bin kein riesiger Autopilot-Fan. Das ist eine Sache, die muss ich nicht haben. Der Tempomat alleine reicht eigentlich. Und der Autopilot ist ja teuer.

Beim Autopiloten gibt es feine Unterschiede. Erkläre doch mal.

Es gibt seit August 2017 den Autopiloten 2.5. Der hat zusätzliche Kameras und kann mit der Dashcam-Funktion Fahrszenen aufzeichnen. Er hat insgesamt eine andere Hardware als der AP2. Ab AP2 gibt es Weiterentwicklungen. Der AP1 bekommt keine weiteren Verbesserungen. Wenn man irgendwann auf autonomes Fahren Wert legt, sollte man mindestens den AP2 nehmen.

Braucht es eine Luftfederung?

Nein, braucht es nicht.

Was sind deine persönlichen Geschmackslagen: P, D…

Da bin ich absolut Old School: Ich stehe auf den Heckantrieb ohne D. Ein Geheimtipp für mich ist ein 2013er oder 2014er P85 oder ein P85+. Wenn ich nicht so viel Geld ausgeben will, würde ich mir einen gebrauchten P85 oder P85+ aussuchen. Zustand und Laufleistung sind da fast egal. Weil die richtig Spaß machen. Sie geben ordentlich Druck und haben meistens auch eine gute Ausstattung. Die P-Modelle haben zum Beispiel serienmäßig alle einen Alcantara-Himmel.

Was hältst du von ganz frühen, den Signature-Fahrzeugen?

Ich kann Signature-Fahrzeuge sehr empfehlen, habe schon einige vermittelt. Das sind Fahrzeuge, die sind in Zeiten entstanden, in denen Elon Musk noch im Werk daneben gestanden und jedes Fahrzeug einzeln abgenommen hat. Das sind gut zusammengebaute Fahrzeuge, mit viel Handarbeit. Es gibt Signature als P85er und als nicht P-Modelle.

Wenn es ein aktuelles Gebrauchtmodel sein soll, rätst du zur 75er oder 100er Ausführung?

Beides gut, aber eigentlich reicht der 75er.

85er und 90er?

Die haben grundsätzlich gleich viel Akkus drin. Nur wurde im Oktober 2015 die Zellchemie geändert. Dadurch hat der 90er mit der gleichen Zellenanzahl fünf Kilowattstunden mehr. Aber nicht ganz. Es sind eigentlich nur drei. Er hat dadurch mehr Kapazität bekommen.

Demnach ist die 90er-Ausführung überflüssig?

Nein, nicht ganz. Er ist aber momentan der einzige Bezahlbare mit über 420 Kilometern Reichweite. Er wird im Moment viel gesucht. Der 100er ist natürlich der Geilste, aber die meisten Menschen brauchen das nicht.

Und gebraucht ist der 100er noch immer unerschwinglich?

Unter 100.000 gibt es da im Moment nichts.

Bei den 75ern ist es nicht möglich über 96 kW Ladeleistung am Supercharger zu nutzen. Warum können auch andere zuweilen nicht die vollen 120 kW abrufen?

Es gibt gewisse Algorithmen und Paramater, wenn die erreicht sind, wird die Ladeleistung reglementiert. Das betrifft die kW-Stärke. Das geht dann aber in die Breite und man lädt länger mit mehr Leistung, somit ist das gar kein Nachteil, sondern einfach schonender für den Akku. Denn mit je weniger kW er auf einmal geladen wird, desto besser ist es für ihn. Lieber weniger und lang als schnell und viel. Letztlich verändert sich nur die Ladekurve.

Mängel rechtzeitig erkennen & vor Garantieablauf beheben

Wie wichtig ist es, die empfohlenen Inspektionen zu machen?

Den Service im Garantiebereich zu nutzen, macht absolut Sinn. Mängel gilt es rechtzeitig zu erkennen und vor Garantieablauf beheben zu lassen. Wichtig ist eine Inspektion aber eigentlich nur vor 80.000 und dann alle 40.000 Kilometer. Das reicht.

Wie verhält es sich mit dem Aftermarket für Tesla-Fahrzeuge?

Es gibt schon viele zu kaufen. Bei ebay-Kleinanzeigen taucht zum Beispiel ab und an ein Akku-Pack auf. Auch andere gebrauchte Teile gibt es im Netz.

Die Bremsen sind zum Beispiel von Brembo. Wenn du das, was Du brauchst, bei Google eingibst, findest du auch Links zu Typen, die irgendwas rausgefunden haben mit Ferrari oder Fiat-Teilen. Das Angebot wird immer umfangreicher.

Mit der Zeit wird auch kommen, dass sich freie Werkstätten auf Tesla-Reparaturen einstellen.

Hast du für unsere Leser noch einen Pflegetipp?

Macht das Schiebedach auf und pflegt die Dichtungen und die Führungsschienen mit Öl und Silikon. Da kümmern sich die wenigsten drum. Es wird mit der Zeit einfach schwergängig. Irgendwann bleibt es dann stehen, weil die Seilzüge reißen oder sonst was. Selbiges gilt für die Türdichtungen. Eigentlich gilt für den Tesla alles, wie bei anderen Autos auch – Pflegen und Erhalten!

Auf null Kilometer runterfahren

Tipps zum Akku-Balancieren?

Der Tesla-Akku balanciert sich selber. Das kannst Du nicht beeinflussen. Du kannst ihn aber kalibrieren. Dazu musst du ihn komplett leer fahren und dann voll laden. Ich habe schon viele Tesla gehabt, die nur bis 96 oder 97 Prozent laden konnten. Dann weiß ich, die sind nicht kalibriert. Den fährst du bis auf null Kilometer nicht auf einen Kilometer, nicht auf ein Prozent – auf null Kilometer! Wenn es geht, noch ein wenig um den Supercharger herum fahren, bis da steht: „Die Klimaanlagen-Leistung wird jetzt reduziert“. Dann anstecken und voll laden bis null kW-Leistung mehr reingeht. Das dauert ungefähr zwei Stunden. Dann weiß der Akku, wo oben und wo unten ist.

Wie oft muss ich das machen?

Musst du nicht, geht auch ohne. Es ist aber nicht schlecht, wenn man das einmal im Jahr macht.

Hast du noch eine pauschale Anregung zum Thema Tesla?

Kaufen! Kaufen! Kaufen! Alle drei Male mit Ausrufezeichen.

Und keine Neuen? Du bekommst auch Gute gebraucht?

Man kann auch Neue kaufen. Braucht man aber nicht. Free-Supercharging hört bei Fahrzeugen vom April 2017 auf, was für viele ein Argument ist, obgleich ich es im Video schon eliminiert habe. Auch neuere Fahrzeuge ohne Free-Charging sind wirtschaftlich interessant.

Das vollständige Gespräch mit Ove Kröger ist im T-magazin (1.2019) erschienen. Es ist erhältlich über einen der rund 250 Auslagepunkte oder gegen Versandkostenübername unter shop.t-magazin.de.

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